Hinweis

Ihre Browserversion wird leider nicht mehr unterstüzt. Dies kann dazu führen, dass Webseiten nicht mehr fehlerfrei dargestellt werden und stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Browser zu aktualisieren oder einen der folgenden Browser zu verwenden:

„Wir dürfen uns nicht hemmen lassen voranzuschreiten“

Interview mit dem Ökumene-Referenten Dr. Petro Müller zum Zweiten Ökumenischen Kirchentag in München und zum aktuellen Stand der Ökumene

Würzburg (POW) In knapp 100 Tagen beginnt der Zweite Ökumenische Kirchentag (ÖKT) in München. Vom 12. bis 16. Mai treffen sich Christen aus ganz Deutschland, um miteinander über das Christsein in heutiger Zeit zu sprechen, gemeinsam die Bibel zu meditieren und Gottesdienste zu feiern. Das Motto des Kirchentages lautet: „Damit ihr Hoffnung habt!“ Im folgenden Interview spricht der Ökumene-Referent der Diözese Würzburg, Dr. Petro Müller, über die Vorbereitungen, über Hoffnungen an das Christentreffen, über die ökumenische Ungeduld vieler Christen und über den aktuellen Stand der Ökumene.

POW: Das Motto des Ökumenischen Kirchentags 2010 lautet: „Damit ihr Hoffnung habt!“ Was verbinden Sie mit dem Motto?

Dr. Petro Müller: Zunächst einmal die Aufforderung aus dem Ersten Petrusbrief, als Christ jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die uns als Gläubige erfüllt. Diese unsere Hoffnung gilt es, in die Gesellschaft hineinzutragen.

POW: Mit welcher Hoffnung sollten die Christen dem Kirchentag entgegengehen?

Müller: Einmal mit der Hoffnung, dass wir als Schwestern und Brüder aus allen Konfessionen dort ökumenisch tatsächlich etwas bewegen können, zum anderen mit der Hoffnung, dass wir gemeinsam Zeichen setzen, damit viele Menschen unserer Tage den Wert des Glaubens neu oder vertieft entdecken können.

POW: Wie bereitet sich das Bistum Würzburg auf den Kirchentag vor?

Müller: Das Thema des ÖKT wurde schon sehr früh in die verschiedensten Gremien des Bistums hineingetragen, damit Dekanate, Gemeinden, ökumenische Gruppierungen, Jugendliche, Bildungshäuser und viele andere Menschen für den Kirchentag aufgeschlossen reagieren konnten. Es gibt seit Anfang 2009 die bundesweite Kampagne „Auf dem Weg zum 2. Ökumenischen Kirchentag“. Darüber haben wir informiert und dafür geworben, damit viele schon im Vorfeld des Großereignisses gemeinsame Wege gehen können. Ökumenische Aktionen, Projekte, Pilgerwege und einfache Begegnungen auf dem Weg zum ÖKT sind im wahrsten Sinne des Wortes „Wegbereiter“. Auf dem ÖKT selbst wird es einen Stand der Diözese geben, der sowohl das Bistum Würzburg als auch die bei uns gelungene ökumenische Arbeit am Beispiel der Würzburger Christophorus-Gesellschaft präsentiert.

POW: Was können Gemeinden mit Blick auf das ökumenische Großereignis tun?

Müller: Zunächst mal sich einfach anmelden und mitmachen, es werden in den verschiedenen Dekanaten und auch einzelnen Pfarreien Fahrten nach München angeboten. Man kann sich auch persönlich anmelden, zum Beispiel im Internet unter www.oekt.de. Zum anderen ist der ÖKT sicher Anlass genug, die eigenen ökumenischen Verbindungen zu vertiefen. In manchen Gemeinden gibt es noch wenige Kontakte, in einigen war das ökumenische Engagement früher besser. Der ÖKT kann hier Ansporn sein voranzuschreiten.

POW: Wie werben Sie für den Kirchentag?

Müller: Immer wieder stelle ich aktuelle Nachrichten über den ÖKT auf die Ökumene-Seite des Bistums (www.oekumene.bistum-wuerzburg.de). Da die Seite recht häufig genutzt wird – wir hatten im ersten Jahr zirka 33.000 Nutzer –, hoffe ich, dass die Informationen auch ankommen. Zudem bin ich häufig eingeladen vor Gremien, in Dekanatsräten, auf Seelsorgekonferenzen oder auch in einzelnen Gemeinden über den ÖKT aufzuklären und für die Teilnahme zu werben. Manchmal gab es sogar ökumenische Einladungen, das heißt, ich konnte vor konfessionsverschiedenen Gruppierungen einladen oder auch in evangelischen Gemeinden. Die Dekanatsbeauftragten für Ökumene wurden seit gut zwei Jahren auf dem Laufenden gehalten, damit sie Multiplikatoren sein können. Zuweilen gebe ich am Telefon Tipps und motiviere zur Teilnahme. Es gibt übrigens einen wunderbaren etwa viertelstündigen Film, der in groben Zügen informiert, was der ÖKT ist und was er will. Den kann man sich auch auf der vorhin genannten Homepage anschauen oder runterladen.

POW: So manche Christen drängen auf das gemeinsame Abendmahl. Welche Hoffnung kann diesen Christen gegeben werden?

Müller: Hier rate ich zugleich zur Geduld, aber auch zu „heiliger Ungeduld“. Wir können das gemeinsame Abendmahl nicht einfach machen. Theologisch gesehen hängt die Frage mit dem Amtsverständnis und dem Kirchenbegriff zusammen. Da wird seit Langem von den Theologen und den Verantwortlichen der Kirchen dran gearbeitet. Ich verstehe die Ungeduld einzelner und auch mancher Gemeinden. Wenn man bedenkt, wie viel in den vergangenen Jahren schon vorangegangen ist nach über 450 Jahren Streit und Trennung, ist das enorm. Nochmals: Wir dürfen das Ziel der Gemeinschaft am Tisch des Herrn nicht aufgeben, aber man kann es auch nicht einfach erzwingen wollen. Letztlich wird uns die Einheit geschenkt.

POW: Welcher Anschub könnte und sollte vom Kirchentag für die Kirchen in Deutschland ausgehen?

Müller: Ich hoffe auf klare Bekenntnisse zur Ökumene von beiden großen Kirchen in unserem Land. Da war mir in den vergangenen Jahren zu viel „Profil-Gehabe“ im Vordergrund. Das Gemeinsame, das viel stärker ist als alles Trennende, gehört stärker betont. Ich hoffe auch, dass der ökumenische Funke auf die nächste Generation überspringt. Gefreut hat mich deshalb die letzte „Meteorit“-Nummer des Bunds der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ). In dieser Jugendzeitschrift wurde das Thema „Ökumene“ in den Mittelpunkt gestellt. Das ist wichtig. Ökumenische Themen und die dazugehörige Praxis dürfen niemals nur Sache einiger weniger „Ökumene-Fans“ der mittleren oder älteren Generation sein. Uns Katholiken muss klar sein, dass „Katholisch-Sein“ immer auch „Ökumenisch-Sein“ bedeutet. Den anderen Kirchen geht es hoffentlich auch so! Zum zweiten halte ich einen gesellschaftlichen und zugleich sozialen Schulterschluss der Kirchen für nötig. Das Hoffnungsthema verpflichtet uns geradezu dazu. Wir haben gemeinsam einzustehen für die Nöte und Sorgen der Menschen in unserer Gesellschaft, von der nötigen Bildungsoffensive über die Kinderarmut bis hin zum sozialen Ausgleich. Wenn ich bedenke, dass das letzte gemeinsame Sozialpapier der Kirchen 13 Jahre alt ist, wird es Zeit, sich solcher Themen wieder gemeinsam und aktuell anzunehmen.

POW: Die Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentags, Ellen Ueberschär, sprach jüngst davon, dass die Ökumene eine trübe Zukunft vor sich habe und sich die Christen eine Ökumene der Langsamkeit nicht leisten könnten. Wie sehen Sie den aktuellen Stand der Ökumene?

Müller: Deshalb habe ich ja vorhin schon von Geduld und Ungeduld gesprochen. Kardinal Kasper hat kürzlich die ökumenischen Dialogfrüchte der vergangenen 40 Jahre in einer Art „Erntebericht“ vorgelegt – der englische Titel lautet „Harvesting the Fruits“. Wir haben also wirklich Erfolge erzielt im Dialog mit Lutheranern, Reformierten, Anglikanern und Methodisten. Der nächste Schritt wäre, aus dieser Ernte heraus tatsächlich auf Kirchengemeinschaft hinzuarbeiten. Viele Christen hoffen genau darauf und wollen nicht länger warten. Es müssen Zeichen gesetzt werden, dass die Dialoge der Vergangenheit uns als Kirchen tatsächlich in die Zukunft weisen, sonst geht vielen Menschen die Puste aus. Der aktuelle Stand der Ökumene ist gar nicht so schlecht, wir müssen nur aus dem Stand in den Sprung kommen, dürfen uns nicht hemmen lassen voranzuschreiten.

POW: Was planen Sie persönlich für die Tage des Kirchentags in München?

Müller: Konkret durfte ich in einer Projektgruppe des Kirchentages zum Thema „Reformen mit und seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil“ eine Podiumsveranstaltung mit vorbereiten. Da werden über 1000 Leute erwartet. Da bin ich auf alle Fälle dabei, weil man ja wissen will, was draus geworden ist. Dann freue ich mich auf den Abend der Begegnung in der Münchner Innenstadt, wenn sich unterschiedliche Regionen künstlerisch und kulinarisch vorstellen. Ich freue mich auch auf so manchen Gottesdienst, sowohl auf die großen Eröffnungsfeiern, als auch auf eher versteckte, spirituelle Angebote. Gerade die sozialen Themen werden mein Interesse finden und natürlich die ökumenischen. Beim Diözesanstand auf der Agora werde ich vorbei schauen, ebenso bei den Ständen der Kolleginnen und Kollegen aus der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen. Es ist auf der Agora eine bayerische „Kircheninsel“ geplant, wo sich alle vorstellen. Die Begegnungen werden sicher manches „highlight“ bringen, weil man zig ökumenische Bekannte und Freunde treffen kann. Das Programm erscheint ja erst. Die vier Themenbereiche „Verantwortlich handeln – Christ sein in der einen Welt“; „Miteinander leben – Christ sein in der offenen Gesellschaft“; „Suchen und finden – Christ sein und die vielfältigen Orientierungen“; „Glauben leben – Christ sein in der Vielfalt der Kirchen“ sind absolut interessant. Es wird dazu zirka 3000 Veranstaltungen geben. Aus dem Programm werde ich gezielt auswählen und mich dann von Künstlern, Kirchenleuten, Theologen und Politikern inspirieren lassen.

(0510/0148; E-Mail voraus)

Hinweis für Redaktionen: Foto abrufbar im Internet