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„Halt und Heimat in der Kirche“

Interview mit Klaus Becker, Referent für Gemeindekatechese und Katechumenat im Bistum Würzburg, zum Christwerden in einer für die Kirche schwierigen Zeit

Würzburg (POW) Die katholische Kirche befindet sich nach Aussagen mehrerer Kirchenvertreter in einer schweren Krise. Angesichts des Bekanntwerdens zahlreicher Missbrauchsfälle in den vergangenen Wochen sind viele Menschen betroffen, enttäuscht und auch ratlos. Für den Monat März 2010 ist im Bistum Würzburg ein Anstieg bei der Zahl der Kirchenaustritte festzustellen. Endgültige Zahlen liegen bisher nicht vor. Doch es gibt in dieser für die Kirche schwierigen Zeit auch die andere Seite: Jugendliche und Erwachsene lassen sich in der Osternacht oder in der Osterzeit taufen und entscheiden sich, der Kirche beizutreten. In folgendem Interview spricht Klaus Becker, Referent für Gemeindekatechese und Katechumenat in der Hauptabteilung Seelsorge der Diözese Würzburg, über Erwachsenentaufen und die Motivation der Taufbewerber.

POW: Wie viele Jugendliche und Erwachsene werden in der Diözese Würzburg rund ums Osterfest getauft und wie erleben Sie diese neuen Christen des Jahres 2010?

Klaus Becker: In diesem Jahr werden 28 Erwachsene und Jugendliche in der Osternacht, in den Gottesdiensten an Ostern oder in der Osterzeit in Gemeinden des Bistums Würzburg getauft. Verbunden mit der Taufe sind bei einer Erwachsenentaufe jeweils auch die Firmung und die Erstkommunion. Mit diesen drei Sakramenten vollzieht sich die Eingliederung in die katholische Kirche. Dabei ist es immer ein ganz bewusster Schritt der Taufbewerber, dem oft lange Wege der Entscheidung und Begleitung vorausgehen. Dabei spielen vor allem die persönlichen Erfahrungen eine große Rolle. Immer ist die Entscheidung zur Taufe getragen von einer großen Ernsthaftigkeit, die oft selbst die Menschen begeistert, die ursprünglich die „Auslöser“ für die Frage nach der Taufe gewesen sind. Diese werden dadurch wiederum nicht selten zur Auseinandersetzung mit dem eigenen Glauben herausfordert.

POW: Was ist der Kirche bei der Hinführung dieser erwachsenen Katechumenen zum Christwerden wichtig?

Becker: Christwerden meint nicht zuerst einen rein administrativen Vorgang, der mit einer Unterschrift unter ein Formular beschlossen wird. Es geht vielmehr um einen Weg, der die Lebenserfahrungen der Menschen, die Christ werden wollen, aufnimmt und mit dem Glauben an Jesus Christus und einer daraus folgenden Lebenspraxis in Verbindung bringt. Kirche versteht sich selbst dabei als eine Gemeinschaft, die Menschen sammelt, die ihr Leben nach der Botschaft Jesu ausrichten wollen. Deshalb sollen die Taufbewerber neben der Bibel vor allem auch in das geistliche und diakonische Leben der Kirche eingewiesen werden. Das Kennenlernen von Glaubensaussagen, von Gottesdienst und Sakramenten sind dabei ebenso wichtig wie die Begegnung und das Gespräch mit Christen. Die Zeit der Vorbereitung geschieht dabei – wenn möglich – in einer kleinen Gruppe. Dort finden sich Christen zusammen, die bereit sind, über ihr eigenes Christsein Rede und Antwort zu stehen und den Taufbewerber gleichsam an die Hand nehmen, um ihn in die Lebensweise der Kirche einzuführen. Christwerden soll ein Schritt aus Überzeugung und in der Zustimmung des Herzens sein. Die Feier des Christwerdens ist ein Ereignis in der Öffentlichkeit der Gemeinde und der ganzen Kirche. Deshalb werden die Taufbewerber jeweils zu Beginn der Fastenzeit vom Bischof zur Feier der Zulassung nach Würzburg eingeladen und schließlich in den Gottesdiensten ihrer Gemeinde getauft.

POW: Was bewegt heute Menschen, Christ zu werden?

Becker: Ein wesentlicher Grund für Menschen, sich in der heutigen Zeit dem christlichen Glauben zuzuwenden und schließlich auch der Gemeinschaft der Kirche beizutreten, ist der Wunsch, der Gemeinschaft der Kirche angehören zu wollen. Die eigene Lebensgeschichte und die Begegnung mit Menschen, die ihren Glauben ernsthaft und glaubwürdig leben, lassen den Wunsch reifen, selber auch „richtig“ dazuzugehören. Menschen, die oft durch Lebenskrisen gegangen sind, die ihre Heimat verlassen mussten oder die auf der Suche nach Antworten ihrer Lebensfragen mit dem christlichen Glauben in Berührung gekommen sind, finden hier einen Grund für ihr Leben, der tiefer reicht, der Halt und Heimat gibt. Menschen, die in ihrer Heimat keine Religion ausüben konnten oder durften, entdecken in der Begegnung mit konkreten Pfarrgemeinden oder Glaubensgruppen eine für sie neue Welt, die auch für ihr Leben Neues erschließt. Meist sind es persönliche Zeugnisse und Begegnungen, die die Frage nach dem Christwerden erst wecken. Ein polnischer Student erzählte beispielsweise von seiner über 15-jährigen Suche „in allen Religionen der Welt“, bis er schließlich verstehen lernte, welche Lebenskraft der Glaube seiner Landsleute zu schenken vermag. Als getaufter Christ entschloss er sich, nicht nur den Traditionen zu trauen, sondern sie in der Gemeinschaft der Kirche auch für sein Leben und seine Zeit lebendig zu halten.

Interview: bs (POW)

(1310/0426; E-Mail voraus)

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