Fürchtet euch nicht
Derzeit wird viel über Angst oder Ängste gesprochen und geschrieben. Und offensichtlich gibt es hierzulande viele Menschen, die meinen, Angst haben zu müssen. Die Verunsicherung in einer immer komplizierter gewordenen Welt scheint vielfach in Angst umzuschlagen. Nun ist Angst eine ambivalente Angelegenheit. Sie mahnt zur Vorsicht und kann so vor Gefahren schützen, denen man sich ohne Angst vielleicht blindlings ausliefern würde. Andererseits kann Angst aber auch lähmen und Entwicklung verhindern. Das sind die zwei Seiten einer Medaille. Hinzu kommt, dass Angst eine starke gefühlsmäßige Komponente hat; Gefahren werden falsch eingeschätzt. Obwohl die Gefahr, mit dem Auto zu verunglücken, statistisch weit höher ist als die Gefahr, mit dem Flugzeug abzustürzen, haben mehr Menschen Angst, mit dem Flugzeug zu verreisen als mit dem Auto. Auch ist es weitaus wahrscheinlicher, im Haushalt zu verunglücken, als Opfer eines Terroranschlags zu werden. Trotzdem scheint die Angst vor Terroranschlägen viel verbreiteter zu sein als die vor Unfällen im Haushalt. Das hat mit verschiedenen Faktoren zu tun, unter denen heute die Medien eine gewichtige Rolle spielen. In unserer Mediengesellschaft rücken auch entfernte Ereignisse oft bedrohlich nah an den Einzelnen heran. Und auch die meist gleich dazu gelieferte Einordung durch sogenannte Experten ist oft mehr geeignet, vorhandene Ängste zu verstärken oder neue zu erzeugen, als Sachverhalte aufzuhellen. Dazu kommt, dass Medien natürlich auch die Botschaften derer transportieren, die bewusst mit Ängsten spielen, die Ängste schüren, um daraus politisches Kapital zu schlagen. Sie verbreiten ihr eigenes enges Weltbild und ihre eigenen Ängste, erzeugen durch geschickte Wortwahl Bedrohungsszenarien, um dann ihre simpel gestrickten Heilsbotschaften anzubieten. Auch Christen dürfen Angst haben. Aber sie wissen auch, dass über 20 Mal im Neuen Testament steht, dass sie sich nicht zu fürchten brauchen. Wolfgang Bullin



