Wir brauchen Glaubenszeugen, die die Menschen mit der Frohen Botschaft erreichen.
Der verstorbene Papst Johannes Paulus II. war ein solcher. Er war nicht nur ein guter Kenner der Heiligen Schrift, sondern er hatte – wie diese – das Anliegen, die Menschen dort abzuholen, wo sie stehen.
Es ist ja interessant wie in der heutigen Lesung bei Jeremias der Mensch, der seine Hoffnung auf Gott setzt, mit einem Baum verglichen wird, der am Wasser gepflanzt ist und seine Wurzeln am Bach ausstreckt. Wir kennen durch unsere Medien und durch eigene Naturerlebnisse die Situation von Dürre und Wasser, von Wüste und Oase, von der Schönheit eines Bachverlaufs und von dem Leben spendenden frischen Wasser. Wir wissen, wie üppig die Vegetation an einem Bachverlauf ist und verstehen die Lesung unmittelbar: Ein Mensch, der sich auf Gott verlässt und seine Hoffnung auf Gott setzt, gleicht einem Baum, der am Wasser gepflanzt ist.
Papst Johannes Paulus II. hatte als Bischof von Krakau 1976 die Exerzitien für Papst Paul VI. gehalten und von einem Physiker gesprochen, mit dem er lange über Gott diskutiert habe. Der Physiker habe ihm zu guter Letzt gesagt: „ ‚Vom Standpunkt meiner Wissenschaft und ihrer Methode aus bin ich Atheist…’ Aber derselbe Mann schrieb ihm in einem Brief: ‚Jedes Mal, wenn ich mich der Majestät der Natur, der Berge gegenüber finde, spüre ich, dass er (Gott) existiert.“ (Kardinal Ratzinger vermittelt in seiner Einführung in den Gedichtsband des Römischen Triptychons von Karol Woitijla diesen Text). Der spätere Papst Johannes Paul II. hat in dem Gedichtsband „Römisches Triptychon“ über drei eigene Lebenssituationen unter anderem in dem Kapitel ‚Der Bergbach’ von der Alltagserfahrung ausgehend eine geistige Wanderung zur Quelle, zu Gott, unternommen. Er weiß um die Glaubensnöte unserer Mitmenschen und nimmt sie ernst.
So spricht der Papst bei dem Bild „Der Bergbach“ noch nicht von Gott, wohl aber von der dem Menschen innewohnenden Sehnsucht und „er bittet gleichsam ins Unbekannte hinein: ‚Lass mich die Lippen benetzen mit Wasser aus der Quelle, die Frische spüren, die Leben spendende Frische.’ Er sucht nach der Quelle und empfängt die Weisung: ‚Willst du die Quelle finden, musst du hinaufsteigen, immer weiter, gegen den Strom!’“ Die geistige Wanderung führt gegen den Strom hinauf zum Ursprung.
Unser heutiges Problem ist die Säkularisierung unserer Gesellschaft und damit verbunden ein gewaltiger Glaubensschwund. Viele Menschen werden auf sich selbst zurück geworfen und verlieren die Dimension Gottes, die den Menschen erst zum Menschen werden lässt. Vor wenigen Tagen konnte man noch in einer deutschen Zeitung lesen: Atheisten machen mobil. (Die Tagespost, 12.10.10) Heute wird eine Gründungsversammlung eines laizistischen Arbeitskreises der SPD in Berlin stattfinden, der als Kernforderung die komplette Trennung von Kirche und Staat hat. „Religiöse Symbole wie Kreuze sollten aus Klassenzimmern, Gerichtssälen, Amtsstuben, Rathäusern oder stattlichen Krankenhäusern verschwinden. Ebenso soll der Religionsunterricht kein ordentliches Lehrfach mehr sein. Die Einsegnung von öffentlichen Gebäuden müsse ebenso aufhören wie die Eidesformel mit Bezug auf Gott. ‚Schulgebet, Schulgottesdienste und dergleichen in öffentlichen Schulen haben zu unterbleiben’ heißt es im Zehn-Punkte-Plan des zukünftigen Arbeitskreises.“ (Ebd.) Es wären noch viele ähnliche Bemühungen und Aktionen zu nennen, die in dieselbe Kerbe hauen.
Was ist zu tun?
Liebe Diakonanden, viele unserer Mitmenschen, werden Ihre Entscheidung, sich Gott als Diakone zur Verfügung zu stellen, nicht verstehen. Auch Sie müssen gegen den Strom schwimmen und zur Quelle aufwärts steigen. Mit dem heutigen Tag sind Sie noch keineswegs am Ziel.
Sie sind beide verheiratet und haben zwei beziehungsweise vier Kinder. Sie sind von Beruf her Technischer Angestellter und Pastoralreferent. Sie haben damit jeweils einen Beruf, der Sie ausfüllt und Ihren Lebensunterhalt gewährleistet.
Trotzdem haben Sie sich entschieden, die Diakonenweihe zu empfangen. Sie setzen damit ein Zeichen, dass der Mensch nicht im Diesseits seine Erfüllung findet, sondern erst sehend wird, wenn er den Weg zur Quelle beschreitet. Sie, lieber Herr Nowak, haben schon in Ihrem Beruf als Pastoralreferent, der ein längeres theologisches Studium voraussetzt, die auf Gott ausgerichtete Lebensführung impliziert. Und doch ist Ihre Entscheidung, sich zum Diakon weihen zu lassen, noch einmal ein Schritt, der aufhorchen lässt.
Mit der Weihe zum Diakon, lassen Sie sich in den ganzheitlichen Dienst nehmen. „Sie sollen Christus dienen, dem höchsten Lehrer, Priester und Hirten“ so werden Sie gleich in der Weiheansprache noch einmal hören: „Er ist es, durch dessen Hingabe sein Leib, die Kirche zum heiligen Tempel Gottes auferbaut und zum Volk Gottes zusammengeführt wird.“ Sie verpflichten sich, nach dem Willen Gottes Christus und den Menschen in Liebe und Freude zu dienen. Dabei stehen auch weiterhin Ihre Familien an erster Stelle. Die Liebe zu Ihren Ehefrauen und Kindern wird von vielen Menschen als Gradmesser Ihrer aufrichtigen Liebe zu Gott und den Mitmenschen gewertet werden. So werden Sie Ansporn und Hilfe sein können, dass viele Suchende und Zweifelnde nicht nur beim äußerlichen Betrachten des Bergbaches verbleiben, sondern die darin verborgene Botschaft des lebendigen Gottes wieder entdecken und den Mut finden, zur Quelle des Lebens voranzuschreiten. Das wird besonders dann auch möglich, wenn Sie den Kranken und Armen, den besonderen Schätzen der Kirche, glaubwürdig beistehen.
Wir brauchen glaubwürdige Zeugen der Liebe Gottes. Der Glaube lebt vom Vertrauen. Die Krise der heutigen Kirche ist eine Vertrauenskrise und wiegt in einer sich immer weiter säkularisierenden Gesellschaft um so schwerer. Deshalb ist es wichtig, dass sich Menschen nicht nur in den Dienst der Kirche nehmen lassen, sondern in und mit ihrem Leben die Realität Gottes bezeugen und die bergende Liebe Gottes leben. Lassen Sie sich voll innerer Freude durch die Diakonenweihe in den Heilswillen Gottes einbinden, der durch Sie hier und heute die Menschen erreichen will. Amen.