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Bewegung, Begegnung und Bekehrung

Predigt von Generalvikar Dr. Karl Hillenbrand bei der Errichtung des Dekanats Haßberge am 27. Juni 2010 in Haßfurt

Auch unter Priestern gibt es Berufspessimisten. Im Vorfeld der Errichtung des neuen Großdekanats sprach mich ein Mitbruder an und meinte etwas geringschätzig: Diese Fusion erzeugt doch höchstens Konfusion. Ich habe dagegen gehalten und geantwortet: Nein, das Ergebnis ist eine Transfusion, nämlich eine Übertragung von geistlichen Kraftreserven in eine neue Form des Miteinanders von Christen und Gemeinden. Aber wenn diese Antwort mehr sein soll als ein bloßes Wortspiel, dann muss man schon näher hinschauen, was da geschieht. Wenn die Bildung eines größeren Dekanats sich im rein Organisatorischen erschöpfen würde, wäre das in der Tat zu wenig. Es geht um übergreifende Perspektiven, die ich in drei Gedanken andeuten möchte. Bewegung, Begegnung und Bekehrung.

1. Bewegung: Mit der neuen Dekanatsbildung ist sicher Bewegung in die Bistumslandschaft gekommen. Aber Bewegung ist kein Selbstzweck: Es geht zuallererst darum, sich immer neu vom Wort Gottes, auf den Weg bringen zu lassen. Denn der Glaube ist keine selbstgenügsame Sinnsuche zum Eigengebrauch, er ist Unterwegssein mit einer Verheißung – mit der Zusage nämlich, dass unser begrenztes, oft bruchstückhaftes Leben für Gott Ewigkeitswert besitzt. So sind wir als vor - läufige Menschen Vorläufer auf das Endgültige, nämlich auf die ewige Lebensgemeinschaft mit Gott hin. Es ist wichtig, unser Unterwegssein im Glauben von dieser umfassenden Perspektive her zu sehen, damit wir bei den einzelnen Schritten den Gesamthorizont nicht aus dem Blick verlieren. Darauf müssen alle Strukturveränderungen letztlich hingeordnet sein. So ist mein erster Wunsch für die Menschen in dem neuen Dekanat. Bleiben Sie so in Bewegung, dass über allen Einzelheiten das Ganze nicht aus dem Blick gerät, nämlich unsere Ausrichtung auf Gott, der uns in Jesus auf den Wegen des Lebens begleitet und bestärkt.

2. Begegnung: Größere Pastoralräume haben zunächst durchaus etwas Ambivalentes, Zweischneidiges an sich: Sie können zur Anonymität führen, können aber auch neue Möglichkeiten der Begegnung schaffen. Dafür sehe ich in dem neuen Dekanat gute Voraussetzungen. Nicht zuletzt durch die Arbeit der bisherigen Dekane sowie vieler haupt- und ehrenamtlich Engagierten war es immer wieder möglich, die eigene Kirchturmperspektive zugunsten eines, intensiveren Miteinanders zu überwinden. Das gilt nicht nur für das Leben der katholischen Gemeinden, sondern auch im Blick auf die ökumenische Situation: Von der geschichtlich bedingten konfessionellen Abgrenzung her, die früher für diese Region prägend war, hat sich eine Offenheit entwickelt, die das Gemeinsame stärker erfährt als das Trennende, ohne deshalb bleibende Fragen zu überspielen. Darüber hinaus habe ich in diesem Dekanat auch ermutigende Impulse im Blick auf den christlich jüdischen Dialog erlebt: Durch Begegnung im Glauben wird dabei der Weg zur Wurzel gemacht, nämlich zur Gotteserfahrung des Volkes Israel, die eine bleibende Vorgabe für uns Christen darstellt. Mein zweiter Wunsch für das neue Dekanat ist deshalb, dass der Schwung dieser grenzüberschreitenden Begegnung nicht nur erhalten bleibt, sondern durch das neue Miteinander noch verstärkt wird.

3. Bekehrung: Bewegung und Begegnung erhalten ihr eigenes Profil aber erst durch die ständige Bereitschaft zur Bekehrung. Im letzten und tiefsten ist damit die Bereitschaft gemeint, das eigene Leben immer wieder neu am Maßstab des Handelns Jesu auszurichten. Ein Kennzeichen in seinen Werken war doch, dass er Gemeinschaft hergestellt hat, indem er die Menschen in Verbindung mit Gott brachte und dadurch die Beziehungen untereinander stabilisiert hat. Nur wenn beides im Blick bleibt, werden Konflikte und Meinungsverschiedenheiten, die es sicher auch im neuen Dekanat geben wird, nicht lähmend sondern bereichernd wirken. Jesus hat Gemeinschaft hergestellt – zwischen den verschiedensten Typen von Menschen, zwischen verschiedenen Formen der Nachfolge im Glauben. Nur wenn wir uns immer wieder neu dieser Einsicht öffnen, können Spannungen in der Kirche zu einer spannenden Erfahrung im besten Sinn werden: Dass aus verschiedenen Meinungen eine gemeinsame Motivation entstehen kann, weil Gottes Geist größer ist als unser oft allzu begrenztes Denken. So ist mein dritter Wunsch für das neu gebildete Dekanat, dass die ständige Bekehrung zu Jesus Christus eine neue Offenheit der Menschen füreinander bewirkt.

Liebe Schwestern, liebe Brüder! Ich habe im Vorfeld der Fusion zwischen den bisherigen Dekanaten Ebern und Haßfurt scherzhaft von der „Hochzeit des Jahres“ gesprochen. Bei uns in Franken achtete man früher besonders darauf, dass bei einer Hochzeit die Mitgift stimmt. Das gilt auch hier. Ich glaube ohne Übertreibung sagen zu können: Es ist ermutigend, was in die neue Form kirchlicher Gemeinschaft an Gaben eingebracht wird, sodass sich von daher die Aufgaben mit neuem Schwung angehen lassen. Man könnte den Vorgang in Entsprechung zur Lesung aus dem 1. Korintherbrief sehen, wo auch eine Fülle von Charismen aufgezählt wird. Ein Ganzes kann aber nur daraus werden, wenn sich die einzelnen Begabungen er-gänzen. Eben dies gelingt nur durch die ständige Bereitschaft zu Bewegung, Begegnung und Bekehrung. So ist diese Dekanatsfusion nicht so sehr der Abschluss einer Entwicklung, sondern der Beginn einer hoffentlich langen Weggemeinschaft im Glauben. Amen.