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Barmherzigkeit mit Hand und Fuß

Ein Besinnungstag zu den sieben Werken der Barmherzigkeit: Das klingt nach einer sehr theoretischen Veranstaltung mit Vorträgen und Gesprächsgruppen. Doch das Vorbereitungsteam der Aschaffenburger Seelsorgekonferenz ging die Sache Anfang Juni ganz anders an. Statt den Tag in einem Seminarraum zu verbringen, suchten sie Orte in Aschaffenburg auf, an denen die Barmherzigkeit besonders gelebt wird.

Zum Start in diesen besonderen Tag trafen sich 21 Seelsorgerinnen und Seelsorger an der Heiligen Pforte in der Kapuzinerkirche. Diakon Michael Völker, der den Tag gemeinsam mit Diakon Reinhold Deboy, Pastoralreferent Martin Kämpf und der Leiterin des Diözesanbüros Gabriele Flügel vorbereitet hatte, gab den Teilnehmern zunächst eine moderne Interpretation der sieben Werke der Barmherzigkeit mit an die Hand. Statt der biblisch belegten Aufzählung "Hungrige speisen, Durstige tränken, Fremde beherbergen, Nackte bekleiden, Kranke besuchen, Gefangene besuchen und Tote bestatten", stellte er eine neue Interpretation als roten Faden für den Tag vor:
"Barmherzigkeit heute heißt, einem Menschen zu sagen: Du gehörst dazu, ich höre dir zu, ich rede gut über dich, ich gehe ein Stück mit dir, ich teile mit dir, ich besuche dich, ich bete für dich!".

 Mit diesen Gedanken machten sich die Teilnehmer zunächst zu Fuß auf den Weg zum im Bahnhofsviertel gelegene Kaufhaus Grenzenlos. Der Verein "Grenzenlos für Obdachlose und Arme" ist ein gemeinnützig anerkannter und vorwiegend von Spenden getragener Verein. Er betreibt vier Einrichtungen in Aschaffenburg, von denen das Kaufhaus das Bekannteste ist. Über 3000 Menschen haben dort zur Zeit die Berechtigung, Lebensmittel gehen einen symbolischen Preis von einem Euro einzukaufen. Die Waren wird kurz vor dem Verfallsdatum zum Großteil von Supermärkten abgeholt, fünf Tonnen sind das täglich. Etwa 700 Menschen schlängeln sich während der Öffnungszeit durch den einfachen Verkaufsraum im Keller eines Hinterhofgebäudes. Unter ihnen sind Harz IV - Empfänger, Flüchtlinge, aber auch viele Rentner. Hier zeigte sich den Besuchern ein Gesicht der Stadt, dass sonst zum großen Teil im Verborgenen liegt.
Weiter ging es dann ins Martinushaus, wo Winfried Katholing von der Caritas-Flüchtlingsberatung über die Lage informiert. Über 3000 Menschen betreuen die momentan 11 Hauptamtlichen Mitarbeiter in Stadt und Landkreis Aschaffenburg. Die Zahl ist trotz des momentan geringen Zustroms neuer Flüchtlinge immer noch steigend, da viele der im letzten Jahr angekommenen Flüchtlingen erst nach und nach als Asylsuchende registriert werden. Für kommendes Jahr wird die Gemeinschaftunterkunft in Aschaffenburg voraussichtlich zur Erstaufnahmestelle umstrukturiert. Dann warten neue Herausforderungen auf das Team.
Vom Vortragsraum im Erdgeschoss begaben sich die Seelsorger dann in den Keller des Martinushauses. Hier ist die Kleiderkammer der Caritas untergebracht. In dem relativ kleinen Raum ist zu den Öffnungszeiten einiges los. Nach dem Prinzip eines Second-Hand-Ladens bringen Menschen gebrauchte Kleidung vorbei und Bedürftige können sich zu den Öffnungszeiten Passendes aussuchen und zu einem symbolischen Preis mitnehmen. Auch hier ist der Bedarf mit den Flüchtlingen gestiegen, je Öffnungszeit kommen etwa 40 Personen vorbei.
Nach einer Mittagspausen ging es weiter zum Aschaffenburger Klinikum. In der Kapelle erwartete sie Oberarzt Alfred Paul, der einen Einblick in die Arbeit auf der Palliativstation gab. Die Palliativmedizin konzentriert sich auf die Phase, in dem der Mensch sein Lebensende vor Augen hat. Dann geht es nicht nur um Schmerzlinderung, sondern oft auch um Sinnfragen. Für Paul gehört deshalb neben dem Arzt, dem Physiotherapeuten, dem Sozialarbeiter oder dem Kunsttherapeuten auch der Seelsorger mit ins Team. Das Team der Krankenhausseelsorge ist in die Arbeit mit eingebunden. Im Mittelpunkt der Arbeit stehe dabei der Wille des Patienten.
Einen Perspektivenwechsel nahmen die Seelsorger bei der Begegnung mit einem Bestatter auf dem Schweinheimer Friedhof vor. Er schilderte aus seiner Sicht den Umgang mit den Trauernden vom ersten Anruf bis zur Bestattung. Bei der Begleitung der Verstorbenen geht es auch für den Profi um weit mehr als nur formale Dinge, dass Trauergespräch wird zum Tagesgeschäft.  
Im Marilies-Schleicher-Haus, einem Wohnheim für Menschen mit Behinderung, feierten die Teilnehmer des Besinnungstages gemeinsam mit Heimbewohnern abschließend einen Wortgottesdienst. "Mein Blick wurde geweitet für Orte, in denen neben der klassischen Gemeindearbeit die Barmherzigkeit auch Hand und Fuß bekommt", formulierte es eine Teilnehmerin. Zudem hätte der Tag, so waren sich die Seelsorger einig, die Augen geöffnet für einige ungewöhnliche Perspektiven auf das Thema des Heiligen Jahres.