Würzburg (POW) Die befreiende Botschaft der Erlösung löst die Christen aus der Verklammerung ins Hier und Jetzt. Das hat Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz, Professorin für Religionsphilosophie und vergleichende Religionswissenschaft an der Universität Dresden, bei ihrer Fastenpredigt zur Offenbarung des Johannes im Würzburger Neumünster am Mittwoch, 17. März, betont. Zum Thema „Die Stadt aus Licht – Apokalypse anders“ sprach sie in der Predigtreihe „Maranatha – Komm, Herr Jesus“, die Teil des Kulturprojekts „Würzburger Apokalypse 2010“ ist.
Das christliche Gespanntsein kenne – anders als viele Religionen – keinen Kreislauf, keine Wiedergeburt, verstanden als die immer (gleich-)gültige, endlose Urerzählung von Untergang und Aufgang, Kampf und Versagen, Schuld und Lösung im ewig sich wiederholenden, ermüdenden Durchlauf oder in der Tragik unentrinnbarer Verstrickung von Auf und Ab. „Christliches Gespanntsein steht in einer auf Vollendung drängenden Geschichte, zielgerichtet auf Wohl oder Wehe.“ Zeit sei die neue, in Bewegung setzende und in Bewegung haltende Denkform des Christentums. Sie werde in doppelter Weise als Heilszeit verstanden, erläuterte Gerl-Falkovitz: als wunderbarer Augenblick (kairos) und Fülle (pleroma).
Die in der Offenbarung des Johannes beschriebene Vollendung der Goldenen Stadt müsse mit vollem Einsatz errungen werden. „Heiligkeit und Verworfenheit sind Gefechte in der Zeit, sind angespanntes Werk und Erschöpfung im Joch, sei es das Joch des Herrn oder – schlimm – seines Widersachers.“ Insofern sei die Apokalypse keine einfache Verheißung von Angst. Sie verkünde vielmehr Angst, die in Freude umschlage. „Nichts hilft so sehr gegen die Angst wie die Flamme der Sehnsucht nach dem wirklichen Herrn der Geschichte, nach dem herzsprengenden Entzücken seines Kommens", betonte die Professorin.
Insofern sei der Text als Schlussakkord der gesamten Heiligen Schrift zu verstehen, als das Finale, auf das alles zulaufe. Die Kreuzigung Jesu deutete Gerl-Falkovitz als den Preis für die Welt des Unrats. „Es geht nicht um eine oberflächliche Waschung, sondern um die Übernahme unseres fressenden Aussatzes.“ Die Unreinheit werde nicht von außen her niedergekämpft, sondern von innen her in einer letzten Solidarität übernommen. Das Opfertier schleppe sich selbst durch die Straßen Jerusalems zum Platz der Verworfenen, um dort mit seiner Last zu sterben. „Aber das ist ein für allemal geschehen, und damit ist alles weggeschleppt, was wir nur an Dreck aufhäufen können.“
Der Bußgottesdienst am 24. März um 19 Uhr im Kiliansdom steht unter dem Motto „Seht, ich mache alles neu“. Dompfarrer Dr. Jürgen Vorndran ermutigt zu Reflexion und Neuanfang. Domorganist Professor Stefan Schmidt spielt ab 18.45 Uhr meditative Orgelmusik.
(1210/0392; E-Mail voraus)