Retzbach (POW) Wünschenswerte alternative Wohnformen für ältere Menschen waren das Thema einer gemeinsamen Fachtagung von Seniorenunion Unterfranken und Benediktushöhe in Retzbach. Über 70 Teilnehmer diskutierten im Haus für soziale Bildung über die Zukunft des Wohnens für ältere Menschen.
Landrat a. D. Herbert Neder, Bezirksvorsitzender der Seniorenunion, sowie Eberhard Gräf, ehemaliger stellvertretender Landrat von Bad Kissingen, betonten in der Einführung zu den veränderten Bedingungen für Alters- und Sozialstruktur, dass der überwiegende Teil der über 50-Jährigen in Deutschland möglichst lange eigenständig in seiner vertrauten Umgebung in der eigenen Wohnung oder im eigenen Haus leben wolle. Für ein erfolgreiches und möglichst langes selbständiges Wohnen sei es allerdings notwendig, sich auf die nachberufliche Phase des Lebens vorzubereiten.
Baudirektor Manfred Grüner und Bauoberrat Johann Lechner von der Regierung von Unterfranken informierten über die baulichen Planungsanforderungen an die Kommunen. Konsequent sollte der Grundsatz beachtet werden, die Innenentwicklung der vorhandenen Flächen mit leistungsfähigen Infrastruktureinrichtungen zu verbinden. Ziel einer zukunftsorientierten Städtebauförderung sei es, durch barrierefreies Bauen und wohnortnahes Angebot an Freiflächen die Aufenthaltsqualität zu steigern, um so den Bedürfnissen älterer Menschen Rechnung zu tragen. Zu den Schwerpunkten der baulichen Planungen der Kommunen gehörten die Wiederbelebung der Ortskerne, eine zukunftsorientierte Wohnungsbauförderung sowie der Ausbau städtebaulicher Entwicklungskonzepte.
Konkrete Wohnformen im Alter stellte Sabine Wenng von der Koordinationsstelle „Wohnen zu Hause“ aus München vor. Alternative und auf die Bedürfnisse älterer Menschen zugeschnittene Wohnformen seien eine große Herausforderung. So gebe es beispielsweise in den eher wachsenden Großstädten andere Aufgaben als in den schrumpfenden ländlicheren Gebieten. Doch auch die ländlichen Regionen dürften nicht aus dem Blick verloren werden. Die Integration von gemeinschaftlichen Wohnformen in quartiersnahe Ortsteile und die Berücksichtigung von Wohngruppen bei der Vergabe von kommunalen Liegenschaften sollten bevorzugt werden. Auch neue Kooperationswege, beispielsweise zwischen Wohnungswirtschaft, sozialen Dienstleistern, Freiwilligen und Politik seien wünschenswert. Wenng verdeutlichte, dass politische Initiativen auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene notwendig seien, um die Rahmenbedingungen für die nachfragenden Haushalte älterer Menschen zu einem bedarfsgerechten und bezahlbaren Angebot zu schaffen. Alternative Wohnprojekte böten den Menschen, besonders den Alleinstehenden, die Möglichkeit, das Alter in der eigenen Umgebung und mit sozialer Einbindung zu verbringen. Gerade dies solle die Politik gezielt fördern und unterstützen.
Neben der Diskussion um alternatives Wohnen gab es auch Kritik an der Politik. Der ehemalige Bundestagsabgeordnete Peter Keller kritisierte die von Ministerpräsident Horst Seehofer vorgenommene Kabinettsbildung der bayerischen Staatsregierung mit den Worten: „Dies ist ein falsches Signal als Antwort auf den demographischen Wandel. Wie kann man über 60-Jährigen erklären, dass sie bis 67 arbeiten sollen, wenn kein CSU Kabinettsmitglied über 60 Jahre seine Kompetenz oder politische Erfahrung einbringen darf?“
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