„Die Trivialisierung der Welt macht Riesenschritte. Der Untergang alles Zarten steht bevor.“, schrieb der Schriftsteller Werner Helwig 1961. Inzwischen hat er wohl stattgefunden, der Untergang alles Zarten. Und mit der Trivialiserung wird alles immer billiger. Nichts hat mehr einen Wert. Das Wertlose dominiert. Denn: Wer Lebensmittel nicht bei Aldi, Lidl oder Norma kauft, gilt schon als reich – also böse. Wer billige Kunststoff-Kleidung bei Primark, H&M oder Pull & Bear kauft, gilt als in. Es ist billig, also gut. Ein Mädchen sagt im Fernsehen, dass sie die Ausbeutung von Textilarbeitern nicht interessiert. Der Spaß am Konsumieren ist ihr wichtig. „Alles andere verdränge ich da“, erklärt sie und lacht schrill. So denken die meisten. „Sie erleben sich selbst nur in ihrer modischen Verpackung und haben darin ihr Auskommen“, schrieb Helwig 1961, „das ist der Weltbürger von morgen.“ Also der Mensch von heute.
Es wird viel von „Nachhaltigkeit“ geschwätzt. Aber eben nur geschwätzt. Wenn einer ein teures Produkt kauft, das lange hält, heiß es sogleich „Du musst Geld haben!“ Wer Geld hat, ist bekanntlicherweise – böse. So erzählt man es uns. Wer möchte schon böse sein?
Sollte ich erwähnen, dass ich ein paar Schuhe besitze, die ich vor 36 Jahren gekauft habe und die ich immer noch trage? Besser nicht. Preislich waren sie damals obere Mittelklasse. „Du musst Geld haben!“ Seitdem musste ich sie nur einmal neu besohlen lassen. Ich habe in den Jahren eine Beziehung zu ihnen entwickelt. Natürlich sind sie jetzt unmodern. Ist das wichtig? Ja. Wer möchte sich gegen die Mehrheit stellen? Das könnte tödlich enden.
Werner Helwig schrieb 1961: „Man müsste etwas tun. Aber ich weiß nicht, was das sein könnte. Die Vorgänge haben sich über uns erhoben und spielen mit uns. Die Möglichkeit, Macht über sie zu gewinnen, ist uns entglitten.“ Allerdings schrieb er damals auch: „Mein Vertrauen zu gedruckten Empörungen ist hinfällig.“
Jerzy Staus
