Lied:
Das Weizenkorn muss sterben
(Gotteslob 210)
Einleitung
Am Allerseelentag gedenken wir unserer Verstorbenen. Der Tod ist ein Teil des Lebens, den wir nur schwer annehmen und dennoch nicht wegdenken können. Als gläubige Menschen wissen wir unsere Toten bei Gott gut aufgehoben. Er vergisst keines seiner Geschöpfe und schon gar nicht eines seiner geliebten Töchter und Söhne. Als Kinder Gottes treten wir vor den Herrn und bitten ihn, dass er unsere Lieben und auch uns selbst aus dem Tod errette.
Kyrie-Ruf
Herr Jesus Christus, du hast gesagt: Ich bin gekommen euch zu erlösen.
Kyrie, eleison
Du hast gesagt: Im Haus meines Vaters sind viele Wohnungen.
Christe, eleison
Du hast Menschen um dich gesammelt. Wir hoffen auch unsere Verstorbenen unter ihnen. Kyrie, eleison
Gebet
Guter Gott, durch deinen Sohn und seine Auferstehung hast du auch uns Hoffnung über den Tod hinaus gegeben. Lass uns darauf vertrauen; auch in Tagen, wo uns Verluste, Abschiede und Trauer den Blick darauf versperren können. Allen Lieben, die uns vorausgegangen sind, schenke Erfüllung ihrer Hoffnungen. Darum bitten wir durch Jesus Christus, der unsere Hoffnung ist.
Amen.
Evangelium (Johannes 14, 1-6)
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Euer Herz lasse sich nicht verwirren. Glaubt an Gott und glaubt an mich! Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen. Wenn es nicht so wäre, hätte ich euch dann gesagt: Ich gehe, um einen Platz für euch vorzubereiten? Wenn ich gegangen bin und einen Platz für euch vorbereitet habe, komme ich wieder und werde euch zu mir holen, damit auch ihr dort seid, wo ich bin. Und wohin ich gehe – den Weg dorthin kennt ihr. Thomas sagte zu ihm: Herr, wir wissen nicht, wohin du gehst. Wie können wir dann den Weg kennen? Jesus sagte zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich.
Gedanken zum Evangelium:
Der November zeigt sich meist grau, neblig und trist. Nicht nur draußen vor den Fenstern. Er lässt uns gleich nach allen Heiligen an „alle Seelen“ denken und danach durch Volkstrauertag und Totensonntag gehen. Wir werden an unsere Grenzen und Begrenzungen erinnert. Keine Zeit für Visionen, eher für Erinnerungen. Erinnerungen an Menschen, die wir vermissen. Sie haben mit uns gelacht und getanzt, geweint und geschwiegen. Lebenszeiten geteilt. Dann sind sie gegangen, keiner konnte sie aufhalten. Das, was von ihnen sterblich war, haben wir der Erde zurückgegeben. Was bleibt von ihnen? Eine Erinnerung, ein abgehefteter Nachruf, einige vergilbte Fotos, eine Handvoll Staub. Allerseelen ist wie ein Karsamstag im November. Die Welt hat sich verfinstert, die Auferstehung bleibt ein Gerücht, das Osterlachen ist noch weit. Und irgendwann, sozusagen im November des eigenen Lebens, wenn unsere Lebenstage kürzer werden, beginnen viele Zeitgenossen, die Tageszeitungen von hinten durchzublättern. Die Ereignisse auf den Titelseiten verblassen, die Todesanzeigen interessieren. Sie vergleichen die Zahl der Jahre, sie erkennen in manchen Namen Gesichter aus der Nachbarschaft und fragen sich nach der Zeit, die noch bleibt, und der Zeit, die kommt. Aber kommt da was? Das „ewige Leben“? Das Wort, das wir oft auf dem Friedhof nennen, ist für die meisten weit weg, für junge Leute uncool, für alte oft nur Vertröstung. „Wer früher stirbt, ist länger tot“, spottet ein Filmtitel. Nur noch das Heute zählt, die Neugierde auf ein Danach hält sich auch bei Christen in Grenzen. Wenn der Glaube an den Mehrwert des Lebens, über den Jesus in den Evangelien spricht, verdunstet, muss der Mensch doch alles aus diesem Leben herausholen. Er steht unter permanentem Stress, denn die Sucht nach Erfolg und Perfektion, nach Glück und Wellness macht aus dem Weg das Ziel. War’s das am Ende? Der Gedanke an das Ende wird so lange verdrängt, bis nur noch Resignation bleibt.
In anderen Kulturen lädt der Tod nicht nur zu solcher Melancholie ein. In vielen Ländern Afrikas verbindet der Tod die Familien des Verstorbenen zum Fest. Verwandte und Freunde strömen aus allen Himmelsrichtungen zusammen. Der Glaube blickt dann über den Horizont. Wenn das kein Grund zum Feiern ist. Der Tod lädt ein zum Abschiedsmahl. Dieser Brauch ist auch bei uns noch lebendig. Doch bei uns setzt er einen Schlusspunkt. Ist endgültig.
Der Gang zum Friedhof in diesen Tagen will einen anderen Punkt setzen: er feiert die Gewissheit, dass da noch etwas nachkommt: das Leben in seiner Fülle. Wenn wir alle Heiligen feiern, feiern wir immer ihre Todestage als Anfang des neuen Lebens. Unsere Erinnerungen halten sie im Herzen lebendig. Das gilt auch in der Kirche: Kirche erinnert an den, der zum letzten Abendmahl eingeladen hat.
Aber er lebt nicht, weil wir uns an ihn erinnern, sondern er bringt sich in unserem Leben in Erinnerung. Er ist bei uns in seinem Wort und in Brot und Wein. „Ich lebe“, sagt er, „und auch ihr werdet leben!“ Denn Gott ist kein Gott der Toten, sondern der Lebenden: „Lass die Toten die Toten begraben“, auch das sagt Jesus. Also: Kümmert euch um die Lebenden, die euren Trost, eure Umarmung, eure Nähe brauchen.
Der November erinnert uns an unsere Grenzen und zeichnet doch unsere Lebenslinien weiter. Er beginnt mit Allerheiligen und endet mit den ersten Tagen des Advent. Die Klammer unserer Erinnerungen heißen Hoffnung und Erwartung. Menschen, die dem Kreislauf von Natur und Kosmos näher stehen als wir, wissen, was wir nur ahnen. Wo wir Ängste pflegen, schöpfen sie Hoffnung. Wir werden ins Leben sterben und wissen weder wann noch wie. Wir sind wie Kinder im Mutterleib, die noch keine Ahnung davon haben, in welche Welt sie geboren werden. Aber wir leben und sterben mit der Zusage, dass die Verstorbenen nicht nur in der Erinnerung weiterleben werden. Die Zusage ist Gottes Wort. Er garantiert es. In Christus hat er wie wir als Mensch gelebt, hat gelitten, ist gestorben – und er lebt. Weg, Wahrheit und Leben haben einen Namen: Christus. Es gibt keinen anderen, besseren Weg, es gibt keine zuverlässigere Wahrheit, es gibt kein Leben – ohne ihn.
Auf meinem letzten Weg wird der Herr mir entgegenkommen. Er hat das letzte Wort. Und das ist erst der Anfang. Wenn das kein Fest wert ist, selbst im November. Ein Fest ohne Ende.
(Jürgen Schwarz)
Lied:
Was Gott tut, das ist wohlgetan
(Gotteslob 416)
Fürbitten
Herr, unser Gott, du bist ein Gott des Lebens und nicht des Todes. Du willst das Leben des Menschen, auch über den Tod hinaus. Dich bitten wir:
Für unsere Verstorbener, die im Vertrauen auf dich und die Hoffnung auf die Auferstehung in die dunkle Nacht des Todes gegangen sind.
Für alle Verstorbenen, die ohne Hoffnung auf ein Weiterleben von uns gegangen sind.
Für alle unsere Toten, die sich noch im Versöhnungsprozess und der Heilung befinden:
Nimm du sie auf in deine liebenden Arme.
Wir denken in dieser Stunde an unsere verstorbenen Seelsorger*innen, pastoralen Mitarbeiter*innen, Lehrer*innen und Erzieher*innen, die uns Wegweiser und Vorbild für unser Leben gewesen sind.
Wir beten für unsere lieben Toten, die uns viel im Leben bedeutet haben.
Gott, wir danken dir, dass wir nicht ohne Hoffnung leben müssen. Schenke uns immer wieder Zutrauen in deine Verheißungen. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
Amen.
Einleitung zum Vaterunser
Das Gebet, das uns Jesus zu beten gelehrt hat, wird bei der Beisetzung am Grab der Verstorbenen gesprochen. Auch wir sprechen es nun:
Vater unser ...
Segensgebet
Es segne uns der Vater, der alles Leben erschaffen hat.
Es segne uns der Sohn, der für das Leben der Menschen gelitten hat.
Es segne uns der Heilige Geist, der unser Tröster ist.
So segne uns Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Amen.
Lied:
Wir sind nur Gast auf Erden
(Gotteslob 505)

