„So eben hat die Presse verlassen, und ist in Commission der Joseph Steib’schen Buchdruckerei (Markgasse Nro. 318) zu haben: Das katholische Kirchenjahr gefeiert in Gebet und Gesang.“ So begann es am 22. Dezember 1850, als ein Gebets- und Gesangbuch zum Preis von 52 Kreuzern beworben wurde. Im Angebot ist ab diesem Zeitpunkt alles, was vorstellbar ist: Handwerkerleistungen, Mode, Devotionalien und Medizin gegen Rheuma, Asthma, Übergewicht, Schwerhörigkeit, Damenbart, Hautausschlag, Blähungen, Gesichtsröte, Magenbeschwerden, Grippe, Katarrhe, Raucherhusten...
Alles für den Haushalt, den Kleider- und Medikamentenschrank
Die Liste ergänzt ein Wundermittel, das „Frau Maria Haagen, Bad Reichenhall, Hallgrafenstraße A8“ empfiehlt: „Öffentlicher Dank! Kostenlos teile ich gern brieflich jedem der an Rheumatismus, Gicht, Ischias, Nervenschmerzen leidet mit, wie ich von meinen qualvollen Schmerzen durch ein garantiert unschädliches Mittel befreit wurde. Nur wer wie ich die schrecklichen Schmerzen selbst gefühlt hat, wird begreifen, wenn ich dies öffentlich bekanntgebe.“
Lebensmittelanzeigen sind ebenfalls beliebt: Bäckermeister Adam Schlereth bietet im November 1893 „zur bevorstehenden Kirchweih den Bewohnern von Prosselsheim und Umgebung ausgezeichnetes Weizenmehl“ an, das er auch gegen Weizen (oder auch Brot gegen Korn) tauscht. „Besonders mache ich auf meinen guten Zwieback und Pfeffernüsse aufmerksam, und sehe geneigtem Zuspruch gerne entgegen.“ Bei so viel Backwaren stellt sich womöglich die Frage nach der eigenen Figur. Anregungen zum Nachmessen gibt es im Sonntagsblatt zur Sommersaison 1936: „Taillenweite 78 cm – Halsweite 33 cm – Oberarm 24 cm – Unterschenkel 38 cm – Hüftweite 90 cm. Bitte messen Sie nach – dies Schönheitsmaß ist wissenschaftlich festgelegt. Geht Ihre Figur darüber hinaus, dann aber schleunigst reguliert und Dr. Richters Frühstückskräutertee getrunken, der Sie schlank und schön macht.“ Wohl bekomm’s!
Familienanzeigen für Sparfüchse
Dass Sonntagsblatt-Leser Dinge fürs Haus und neue Kleidung benötigen, versteht sich von selbst. „Schenkt praktisch für Küche und Haus“, empfiehlt die Würzburger Firma Deppisch vor dem Weihnachtsfest. „Schuhwaaren von A. Heinrichs-Esser in der Würzburger Domstraße“ sollen im Jahr 1893 gekauft werden, Stoffe und Bettausstattung aus dem Kaufhaus Michael Röll werden im Mai 1912 angeboten. Sommer- und Winterschlussverkauf kannten auch frühere Generationen. So inserierten vor 100 Jahren heute noch bekannte Firmen: Persil, Neckermann, Dr. Oetker, das Modehaus Völk, die Buchhandlung Schöningh. Oder es wird im Vorweihnachtsgeschäft 1936 daran erinnert: „Seit Jahren schon löst ohne Klage Severin die Kleiderfrage.“
Das Sonntagsblatt bietet Anzeigen zu allen freudigen und leidvollen Ereignissen des Lebens. „Wo findet ein fünfjähriges Mädel, das die Mutter verloren hat, für längere Zeit liebevolle Aufnahme?“, wird 1912 gefragt. So füllt der Tod geliebter Menschen, verdienstvoller Laien und anerkannter Geistlicher die Spalten. Und auch als Heiratsmarkt ist es beliebt. In früheren Jahren kommen die Anzeigen deutlich zur Sache, was Besitzverhältnisse anbelangt. Da bietet 1936 eine „tüchtige, flotte, 30jährige Bauerntochter mit tadelloser Vergangenheit“ einem „tüchtigen strammen Bauernsohn bis 35 Jahre Einheirat in schönes 55 Morgen großes Anwesen. Vermögen erwünscht, doch gegenseitige Zuneigung ausschlaggebend.“ Vielleicht reagierte sie ja sogar selbst auf die Anzeige des katholischen Landwirtssohns, „Ende 20er, mit 20000 Mark bar und Aussteuer“, der wünschte, „in eine größere Landwirtschaft einzuheiraten“.
Entschuldigungen in der Zeitschrift
Dabei war es üblich, Kontaktanzeigen zu teilen und Geld für jeden Buchstaben zu sparen. Am 27. November 1938 lautete der „Weihnachtswunsch“ zweier Freunde „m. lieb., saub., kath. Mädels zw. sp. Heirat bek. zu werden. Sind in sich. Staatsstellg. u. besitzt jeder in Nähe Kitzingen klein. Anwes. m. etw. Feld. Daher Mädel v. Lande m. etw. Barvermögen erw.“ Womöglich kamen die beiden in Kontakt mit zwei Freundinnen, die in derselben Ausgabe inserierten: „gute Vergangenh., berufstät., im Haushalt bewandert, Aussteuer vorhand., jedoch kein Vermög. (die eine 30 J. alt, 1.60 m groß, brünett, die and. 35 J. alt, 1.66 m groß, dunkelbld.) suchen, da pass. Umgang fehlt, anständ. kathol. Lebensgefährt.“
Dass sich eine Person per Anzeige entschuldigt, würde heute Befremden auslösen – war aber im Sonntagsblatt zu finden: „Ich nehme anmit die am 7. Juni 1893 bei einem Fuhrmann nebst mehreren Personen auf dem Wege von Löffelsterz nach Reichmannshausen gemachten beleidigenden Äußerungen gegen den Drechsler Georg Hofmann als unwahr zurück.“ Welche Worte da auf dem Weg gefallen sein mögen?
Vor allem in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts finden sich Stellengesuche im Würzburger katholischen Sonntagsblatt. Haus- und Zimmermädchen sind gefragt, „ein braver Junge wird in die Lehre genommen“ oder wegen der „Einberufung meines Sohnes wird ein Knecht gesucht“. Aber auch Ordensgemeinschaften schalten Anzeigen, um junge Menschen anzusprechen. Die Gemeinschaft von den heiligen Engeln sucht in den Dreißigerjahren „Landwirtssöhne, Handwerker u.a., die gesund, ledig, nicht über 30 Jahre alt und willens sind, als Ordensbrüder an der Seelsorge bei den katholischen Auslandsdeutschen mitzuhelfen“.
Zehn Jahre Anzeigenpause nach Beginn des Zweiten Weltkriegs
Spiegel ihrer Zeit sind die Anzeigen, weisen auf Handel und Wandel hin und auf das, was für die Menschen interessant sein könnte. Manchmal greift das politische Geschehen mit ein: In der Hochzeit des Nationalsozialismus wurden nur Heiratsanzeigen veröffentlicht sowie Bedarf für Priester und Ordensleute oder geistliche Lektüre angeboten. Im Oktober 1939 verschwand die Reklame komplett aus dem Blatt.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs dauerte es ab Wiedererscheinen nochmals gut zwei Jahre, bis 1948 Werbung, Stellen- und Kontaktbörse wieder im Würzburger katholischen Sonntagsblatt erscheinen konnten. Über die Jahre haben sie sich an das heutige Erscheinungsbild angepasst, mit mehr Bild, weniger Text und immer etwas bunter. Komplett in Farbe erscheinen die Anzeigen tatsächlich erst seit der Jahrtausendwende.
Seit 175 Jahren gilt: Das Sonntagsblatt vermittelt Ihre Anliegen
Im gleichen Zeitraum haben sich Stellengesuche und Kontaktanzeigen mehr und mehr aus der Zeitschrift verabschiedet. Die „Aktion Herzenswunsch“ hatte zuletzt vor Weihnachten alle Partnergesuche gebündelt. Unter dem Motto „2023 gemeinsam beginnen“ erschien die Rubrik letztmalig im Dezember 2022 in einer Randspalte. Und auch wenn sich das Suchen und Finden von Berufen wie Lebensgefährten inzwischen fast gänzlich ins Internet verschoben hat: Es ist weiter möglich, mit dem Sonntagsblatt auf die Suche zu gehen.
Heute ist das Würzburger katholische Sonntagsblatt dem bundesweiten Anzeigenverband der kirchlichen Presse KONPRESS angeschlossen. Anzeigen können im gesamten Verbund der 16 Bistums-Zeitschriften erscheinen, oder im direkten Umfeld im Regionalteil. Ein Geschäft mit einer guten Ausgangsbasis: Schließlich sind Kirchenzeitungen vertrauenswürdig, ihre Leserinnen und Leser kaufkräftig. Stellengesuche, Jobangebote und Kontaktanzeigen können weiterhin aufgegeben werden. Hier finden Sie unsere Mediadaten sowie den Kontakt zum Vertrieb.
Der Blick zurück etwas anders: Das Grundgerüst dieses Artikels stammt aus der Jubiläumsausgabe zu unserem 150-jährigen Bestehen im Jahr 2000. Damals blickte der heutige Bistums-Pressesprecher Bernhard Schweßinger auf das Würzburger katholische Sonntagsblatt als Anzeigenmarkt bis Ende der 1930er Jahre. Unser Redakteur Sebastian Haas hat den Bericht angepasst und aktualisiert.
										
				
